Im Februar 2020 wurde öffentlich bekannt, dass es im Juwel e.V. in Gotha zu einem sexuellen Übergriff durch einen Bewohner kam. Die Betroffene schilderte im Plenum, was passiert ist, wurde dabei immer wieder durch den Täter gestört. Den Auszug des Täters gestaltete das Juwel täterverträglich. Doch sowohl Bewohner*innen des Juwels als auch aus dem Umfeld des Täters setzen nach wie vor die Betroffene und ihre Unterstützer*innen unter Druck und solidarisieren sich mit dem Täter. Ein solches Verhalten finden wir absolut inakzeptabel. Insbesondere für Räume und Gruppen, die sich einem linken Selbstverständnis verpflichtet fühlen, muss es oberstes Gebot sein, Betroffene patriarchaler Gewalt zu schützen und patriarchalen Tätern und denen, die sie verteidigen, entschieden entgegenzutreten.
Das veto solidarisiert sich mit der Betroffenen und ihren Unterstützer*innen und fordert, jegliche Angriffe auf die genannten, sei es durch Relativierungen, Verleumdungen oder sonstiges täterschützendes Verhalten, einzustellen.
Weiterhin appelieren wir an das das Juwel, sich kritisch mit der eigenen Aufarbeitung der Geschehnisse auseinanderzusetzen. Dass wir gerade keine so expliziten Forderungen erheben, liegt daran, dass wir als Gestalter*innen des vetos selbst genügend Fälle patriarchaler Gewalt aufzuarbeiten haben und damit gerade aktiv beschäftigt sind. Wir wissen um die Herausforderungen des Zusammenwirkens von Theorie und Praxis in der Gestaltung und Organisation von Räumen, die sich als emanzipatorisch verstehen. Es sollen Freiräume sein, doch scheint es so, als seien dies damit viel zu oft auch Räume, in denen sexualisierte Übergriffe, patriarchale Gewalt und andere Scheiße passieren kann, quasi Freiräume für Täter*innen. Es sind Räume, in denen sich Betroffene, wenn überhaupt, erst nach langer Zeit trauen, sich zu äußern und es dann oft lange dauert, bis sie gehört werden. Das Bekanntwerden von mehreren Vorfällen patriarchaler Gewalt und Machtausübung in linken Strukturen macht deutlich, dass es hier eine Leerstelle gibt.
Deshalb ist es uns wichtig, dass wir daraus lernen – vor allem, Betroffene zu stärken, sich zu äußern und ihnen Solidarität zu zeigen und Arschlöcher (solche, die bewusst an den Darstellungen der Betroffenen zweifeln) und Deppen (jene, die aus fehlender Sensibilität und Empathie die Unterstützung der Betroffenen unterlassen), die Täter schützen, zu konfrontieren und aus unseren Strukturen konsequent auszuschließen. Uns ist bewusst, auch aus eigenen Erfahrungen und Fehlern, dass wir oft genug hinter den klar formulierten Ansprüchen zurückbleiben. Alle, die an der Gestaltung linker Räume mitwirken, stecken in einem Prozess der Sensibilisierung für patriarchale Gewalt. Die eigenen Fehler und Leerstellen zu erkennen, ist oft schwierig und oft ist es leicht diese im Rückblick zu erkennen. Dann sollten sie eingeräumt werden und nach Möglichkeiten gesucht werden, wie linke Räume nicht hinter dem eigenen Anspruch zurückfallen.
Linke Räume denen, die es ernst meinen, die hinter uns stehen im Kampf gegen Patriarchat, Staat und Kapitalismus.
Zuletzt und auch zuvorderst wünschen wir der Betroffenen viel Kraft und Solidarität!
Das veto-Plenum