In der jüngeren Vergangenheit gab es mehrere Veröffentlichungen, die Schilderungen von sexualisierten Übergriffen beinhalteten. Auch in Erfurt müssen wir uns immer wieder mit der Problematik auseinandersetzen (u.a. „Kamera-Spanner“ aber auch weitere Fälle patriarchaler Gewalt). In den Fällen in Jena, Saalfeld und Gotha gibt es ja direkte Szenebezüge. Als Frauen*, die selbst in der linken bzw. linksradikalen Szene in Thüringen aktiv sind, haben wir dies mit Wut und Trauer aufgenommen. Einige von uns spürten daneben auch Enttäuschung, weil sie die Täter kennen und zum Teil mit ihnen vertrauensvoll zusammengearbeitet haben. Wir sind wütend über die geschilderten Übergriffe, wir wollen allen Betroffenen sagen: Wir verurteilen diese Scheiße! Wir werden solche massiven Grenzverletzungen an uns und unseren Genoss*innen nicht schweigend hinnehmen! Wir sind froh und stolz darauf, dass ihr den Mut gefunden habt, euch zu äußern und uns mitzuteilen, wie es euch geht. Wir wollen euch nicht allein lassen, ihr sollt wissen, dass dies unsere gemeinsame Angelegenheit ist und wir werden uns wehren! Lasst uns dies zum Anlass nehmen, uns kennenzulernen, zu vernetzen, gegenseitig aufzuklären über Formen sexualisierter Gewalt in unserer Szene und zu überlegen, wie wir dagegen aktiv vorgehen können sowie dies präventiv zu verhindern suchen!
Eine bewährte Struktur, um Betroffene in ihren individuellen Belangen sicht- und hörbar zu machen, aber auch Handlungsfähigkeit wiederherzustellen und Ansprechbarkeit (bspw. für die Szene) zu gewährleisten, ist die Unterstützungsgruppe = Ugruppe. Scheinbar stehen hinter den Veröffentlichung keine solchen Strukturen und Betroffene sowie wenige Unterstützer*innen müssen viel aushalten. Diese Ugruppen sollten aus unseren Strukturen heraus entstehen bzw. wesentlich von diesen getragen werden. Gerade im ländlich geprägten Thüringen, in dem die einzelnen Städte über nicht allzu viele Szene verfügen und die Überwindung von Distanzen einige Zeit in Anspruch nimmt, kann es zu erheblichen Schwierigkeiten kommen. Lasst uns darüber sprechen und nach Lösungen suchen!
Die besagten Veröffentlichungen sind mehrheitlich im sozialen Netzwerk “Instagram” erschienen. Viele Diskussionen finden auch in anderen Online-Diensten statt. Uns bestürzt, dass dies für Betroffene und Unterstützer*innen die geeignete Lösung geworden ist, sich zu äußern. Dass es keine Strukturen, Ansprechpartner*innen oder Kanäle innerhalb der linken Szene gab oder wahrgenommen wurden, die als Anlaufstelle für Betroffene funktioniert hat. Für uns bedeutet dies, vermehrt auf unsere Kommunikationsstrukturen zu achten und den Zugang zu Voraussetzungen der Nutzung dieser zu ermöglichen.
Wie können wir also junge und / oder neue Frauen* und Genoss*innen in unseren Strukturen erreichen? Wie können wir in einen Austausch treten, der auch die Problematisierung solcher Grenzverletzungen zulässt? Dazu ist viel Vertrauen nötig, dazu bedarf es ein Kennenlernen. Das Sprechen über sexualisierte Gewalt braucht unter Berücksichtigung der Wünsche der Betroffenen auch das Wissen über die Täter. Wir wollen Betroffene unterstützen können. Wir wollen aber auch uns und andere schützen können. Dafür finden wir es nötig, feministische Präventions- und Bildungsarbeit zu leisten, Räume für FIT*-Selbstorganisation zu schaffen, gemeinsam mit männlichen Genossen über sexualisierte Gewalt zu diskutieren und Ansprechstrukturen für Betroffene in unseren Räumen zu schaffen.
Kurzer Nachtrag: Die Täter aus Saalfeld und Hannes aus Jena haben Hausverbot im veto.
Kontaktmöglichkeiten:
veto@riseup.net oder
vetofeminists@lists.riseup.net
Oder sprecht einfach Menschen an, die ihr kennt und denen ihr vertraut.